Handlungskonzept Stahl von Bundesregierung verabschiedet

Handlungskonzept Stahl will die Stahlindustrie unterstützen

„Für eine starke Stahlindustrie in Deutschland und Europa“ hat das Bundeswirtschaftsministerium nun ein Handlungskonzept Stahl vorgestellt. Neben Bemühungen für Chancengleichheit auf dem globalen Stahlmarkt fokussiert der Entwurf Schutz vor Carbon Leakage und die Umstellung auf eine klimafreundliche Stahlproduktion.

Mit dem Handlungskonzept Stahl legt die Bundesregierung ein politisches Gesamtkonzept für die Stahlindustrie in Deutschland vor. Grundsätzliches Ziel ist es, diese in Sachen Klimaneutralität langfristig stark und international wettbewerbsfähig aufzustellen. „Wir wollen zeigen, dass ambitionierter Klimaschutz und eine wettbewerbsfähige Industrie Hand in Hand gehen“, sagt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im Rahmen der Veröffentlichung. Nun habe das Bundeskabinett nun „die richtigen Rahmenbedingungen“ gesetzt.

Chancengleichheit auf dem globalen Stahlmarkt

Zum einen plant die Bundesregierung, entschlossener gegen Subventionen und Dumpingpreise vorzugehen, die den Regularien der Welthandelsorganisation (WTO) widersprechen. Auch gegen eine protektionistische Handelspolitik will sie sich mit dem Handlungskonzept Stahl einsetzen. Insbesondere verfolgt sie dabei das Ziel, globale Überkapazitäten abzubauen.

Zu diesem Zweck unterstützt die Bundesregierung nach eigenen Angaben die Arbeit des Global Forum on Steel Excess Capacity (GFSEC), um die im G20-Prozess definierten Ziele zu erreichen. Sie will sich dafür einsetzen, den weltweit größten Stahlproudzenten China an den Tisch des GFSEC zurückzubringen. Andernfalls so steht es im Handlungskonzept Stahl müssten Länder und Regionen, die unter der Überproduktion besonders leiden, sich auf ein gemeinsames Vorgehen ohne die Volksrepublik verständigen.

Zudem beabsichtigt die Bundesregierung, den EU-Handelsschutz konsequent anzuwenden und bei Bedarf zu verbessern. Kritik am aktuellen Modell wurde zuvor etwa von der Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) laut. „Die jüngsten Anpassungen der EU-Schutzmaßnahmen im Außenhandel waren nicht ausreichend, um die Stahlindustrie vor gravierenden Schäden zu bewahren“, betonte Verbandspräsident Hans Jürgen Kerkhoff. Die Europäische Kommission müsse nun zeitnah handeln, sollte ein weiterer verschärfender Importdruck die konjunkturelle Erholung gefährden.

Handlungskonzept Stahl will vor Carbon Leakage schützen

Mit dem CO2-Emissionshandel verfügt die EU bereits heute über ein Instrument zur marktwirtschaftlichen Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Faire Wettbewerbsbedingungen unter allen wichtigen stahlproduzierenden Ländern weltweit sind jedoch noch nicht gegeben, heißt es in dem Handlungskonzept Stahl. Um die Verlagerung von energieintensiven Industrien in Länder mit geringerem Schutzniveau (Carbon Leakage) zu vermeiden, bedürfe es weiterhin wirksamer Maßnahmen.

Einer Forderung der WV Stahl, eine ausreichende Ausstattung mit kostenlosen Zertifikaten fortzuführen, will die Bundesregierung nachkommen. So sollen die direkten CO2-Kosten der Produzenten kompensiert werden. Daneben zieht sie es auch in Erwägung, die CO2-bedingten Strompreissteigerungen für Industrieanlagen angemessen zu kompensieren.

„Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, um die Stahlindustrie vor Carbon Leakage zu schützen, könnte für die verbleibenden Lücken zusätzlich ein Grenzausgleich in Erwägung gezogen werden“, schlägt die WV Stahl ergänzend vor. Ob dies rechtlich belastbar gemacht werden kann, will die Bundesregierung prüfen.

Unterstützung bei Investitionen in Dekarbonisierung

Damit in der Stahlindustrie klimafreundliche Produktionsprozesse herrschen, sind laut Handlungskonzept Stahl in den kommenden beiden Jahrzehnten „Investitionen in zweistelliger Milliardenhöhe“ erforderlich. Um den Unternehmen eine entsprechende Planbarkeit zu gewährleisten, will die Bundesregierung Leitmärkte für CO2-arme Technologien schaffen. Stahlverarbeitern soll damit ein Anreiz gesetzt werden, CO2-arm produzierten Stahl einzusetzen und die Potenziale der Kreislaufwirtschaft auszuschöpfen. Für letztere ist laut WV Stahl die schrottbasierte Elektrostahlroute ein gutes Beispiel. Rund 30 Prozent der Stahlerzeugung in Deutschland erfolgt über dieses Verfahren. „Zentrale Voraussetzung, um diese Verfahrensroute zu halten, sind jedoch auch hier international wettbewerbsfähige Strompreise“, meint Kerkhoff.

Daneben thematisiert das Handlungskonzept Stahl die Möglichkeit, sogenannte Differenzverträge für Investitionen in die Dekarbonisierung der Stahlindustrie umzusetzen. Diese „Carbon Contracts for Difference“ zielen darauf ab, Käufer und Verkäufer gegen volatile oder unsichere CO2-Preise abzusichern. Ein Pilotverfahren zu dessen Erprobung hat die Bundesregierung in seiner Nationalen Wasserstoffstrategie festgehalten, mit der sie auch den Markthochlauf der Wasserstofftechnologie voranbringen will.

Mit dem verabschiedeten Handlungskonzept hat die Bundesregierung aus Sicht der Stahlindustrie die richtigen Themen adressiert, meint die WV Stahl. Nun brauche es rasch eine Konkretisierung einzelner Maßnahmen. Hierzu will der Wirtschaftszweig den Dialog weiter vertiefen. „Es ist entscheidend, dass erste Maßnahmen zur Schaffung von fairen Wettbewerbsbedingungen wie auch zur Vermeidung von Carbon Leakage auf den Weg gebracht werden“, so Kerkhoff. „Sie sind zentrale Voraussetzung, um den Weg in eine CO2-arme Stahlproduktion gestalten zu können.“ Wichtig sei dabei auch eine enge Verzahnung mit der europäischen Politik. Daher soll die Zukunft der Stahlindustrie auch Thema der deutschen EU-Ratspräsidentschaft werden.

Das vollumfängliche Programm des Handlungskonzeptes Stahl steht hier zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Foto: Shutterstock, Redaktion: nr

 

 

 

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