Never let a good crisis go to waste – lasse niemals eine Krise ungenutzt verstreichen. Getreu diesem Motto wurde Vanilla Steel, eine digitale Auktionsplattform, während der Corona-Krise ins Leben gerufen, um europäische Stahlunternehmen mit überschüssigem Material zu versorgen. Einer der vier Unternehmensgründer, Simon Zühlke, sprach mit dem „stahlmarkt“ im Exklusivinterview über das Tempo der Transformation, über den Handel im Wandel und darüber, was Vanilla Steel so einmalig macht.
stahlmarkt: Wie verändert die Digitalisierung den Stahlhandel?
Simon Zühlke: Die Digitalisierung – also die Nutzung von Technologie für die Verarbeitung von Daten – wird sich nicht nur im Stahlhandel, sondern entlang aller Prozesse der Wertkette eines Unternehmens durchsetzen, vom Einkauf über die Produktion und den Vertrieb bis hin zur Logistik. In dieser Hinsicht stehen in Zukunft viel mehr Daten zur Verfügung, die sich analysieren und bewerten lassen, wodurch ein Unternehmen datengestützte Entscheidungen treffen kann. Im Stahlhandel bedeutet dies konkret mehr Effizienzen, weniger Fehlerquellen und eine höhere Kundenbindung. In diesem Zusammenhang werden sich Stahlunternehmen neben der Produktorientierung eine weitere Fähigkeit, und zwar die der Nutzerzentrierung, aneignen müssen. Denn das Internet ist ein demokratisierendes Medium: Dort werden sich nur die Marktteilnehmer durchsetzen, die den Nutzer in den Fokus ihrer Bemühungen stellen.
Wir sehen heute schon, dass Unternehmen mit einer frühen strategischen Ausrichtung bezüglich Digitalisierung – die „First Mover“ – sich von Wettbewerbern differenzieren und abheben können. Sofern sich die Digitalisierung der Prozesse durchgesetzt hat, werden wir auch zunehmend eine Entwicklung hin zu „Advanced Analytics“ – also hin zur Analyse großer Datensets mithilfe von KI – sehen. „Predictive Sales“ lautet hier das Stichwort. Meines Erachtens spielt allerdings KI im Stahlhandel derzeit noch keine große Rolle, weil dafür bislang die entsprechenden Daten fehlen.
stahlmarkt: Für wie digitalisierungsaffin halten Sie den Stahlhandel?
Zühlke: Hier muss man differenzieren. Es gibt bereits Stahlunternehmen, die sich deutlich von anderen abheben. Dies hängt interessanterweise weniger von der Größe des Unternehmens ab, sondern eher von seiner strategischen Ausrichtung und der Unternehmenskultur.
Im Allgemeinen lässt sich allerdings festhalten, dass die Stahlindustrie im Vergleich zu anderen Branchen – zum Beispiel der Chemieindustrie oder der Logistikbranche – beim Thema Digitalisierung noch lange nicht das volle Potenzial ausschöpft. Nach unseren Schätzungen werden immer noch mehr als 70 Prozent der Transaktionen „offline“ vorgenommen. Dies liegt weniger am Willen der Unternehmen (denn gerade hier sehen wir auch durch die Covid-Krise eine starke Öffnung gegenüber diesem Thema), sondern vielmehr an der Fähigkeit, Digitalisierung konsequent weiterzudenken. Immer wieder sehen wir, dass kurzfristig digitale Projekte aus dem Boden gestampft werden und dann in der Pilotphase stehen bleiben. Hier braucht es eine „Digital Governance“, die das Thema langfristig definiert und entsprechend auch interne Kompetenzen durch die Schulung von Mitarbeitern aufbaut.
Simon Zühlke; Foto: Vanilla Steel
„Im Vergleich zu Asien ist die Digitalisierung im Stahlhandel in Europa noch weit rückständig“, so Simon Zühlke, Co-Gründer von Vanilla Steel.
stahlmarkt: Wie schätzen Sie das Tempo der digitalen Transformation hierzulande ein?
Zühlke: Im Vergleich zu Asien ist die Digitalisierung im Stahlhandel in Europa noch weit rückständig. Während der vergangenen zehn Jahre ist dort eine Vielzahl an Plattformen entstanden, die sich vor allem Dingen im Bereich der Standardprodukte, die auf Spot-Basis gehandelt werden, durchsetzen konnten. Diese Entwicklung wird sich durch vorherrschende Trends nun auch in Europa weiter beschleunigen, nicht zuletzt da Kunden auf einen effizienten und einfachen Einkaufsprozess drängen.
stahlmarkt: Welchen Einfluss hat Corona auf den Digitalisierungsprozess der Stahlbranche?
Zühlke: Die Corona-Krise hat in mehrfacher Hinsicht zu einem verstärkten Bewusstsein für Digitalisierung geführt. Natürlich macht man sich in Zeiten von Reisebeschränkungen und Homeoffice vermehrt Gedanken, wie man Kunden zukünftig ohne persönlichen Kontakt weiterhin bedienen kann. Durch die Corona-Krise hat sich allerdings auch die wirtschaftliche Lage vieler Stahlunternehmen weiterhin verschlechtert. Wegen dieser Entwicklung suchen Unternehmen nach Möglichkeiten, um ihre Kostenstruktur zu optimieren. In diesem Zusammenhang spielt die Digitalisierung eine große Rolle.
Neben der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage hat die Corona-Krise auch die größte Schwachstelle der Wertschöpfungskette in der Stahlindustrie offengelegt. Die beiden Enden der Wertschöpfungskette – Produktion und Endverbrauch – haben keine Berührungspunkte mehr, wodurch es extrem schwer ist, Nachfragedaten zu antizipieren. Dadurch kommt es zu extremen Schwankungen in der Materialbereitstellung: Aktuell durchlaufen wir eine Zeit der Stahlknappheit, davor gab es eine Zeit von extrem hohen Lagerbeständen. Diese Schwachstelle wird durch die Digitalisierung und die daraus resultierende Transparenz entlang der Wertschöpfungskette ausgehebelt.
Den weiteren Verlauf des Gesprächs mit Simon Zühlke finden Sie in der aktuellen Ausgabe 04/2021 unserer Fachzeitschrift „stahlmarkt“. Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann finden Sie hier Informationen zum Abonnement sowie die Möglichkeit, Einzelausgaben zu erwerben. Viel Vergnügen beim Lesen!
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