CO2-Grenzausgleich: hohe Zusatzkosten für Zulieferer

Industrieller Betrieb stößt CO2 aus

Eine neue Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln zeigt die möglichen Folgen des europäischen CO2-Grenzausgleichsmechanismus für stahl- und metallverarbeitende Zulieferer. Der Auftraggeber der Untersuchung – der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung – fordert nun eine eingehende Prüfung des Beschlusses.

Zwei Milliarden Euro zusätzliche Kosten könnten auf stahl- und metallverarbeitende Zulieferer zukommen – als Folge des von der EU-Kommission vorgeschlagenen europäischen CO2-Grenzausgleichsmechanismus. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zu den Auswirkungen des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM). Auftraggeber der Untersuchung ist der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM), der von der EU-Kommission dringend Nachbesserung und die Einbeziehung der gesamten Wertschöpfungskette fordert.

Umsatzrendite der Stahlverarbeiter gefährdet

Christian Vietmeyer, WSM
„Nur mit ganzheitlichem Blick auf alle Akteure der Lieferkette lässt sich ein Carbon-Leakage verhindern“, sagt Christian Vietmeyer, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung. Foto: WSM

„Der EU-Vorschlag vom 14. Juli 2021 greift zu kurz“, kritisiert WSM-Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer. „Nur mit ganzheitlichem Blick auf alle Akteure der Lieferkette lässt sich ein Carbon-Leakage verhindern.“ Das IW rechnet vor, dass sich die Kosten der Stahlverarbeiter in Deutschland um etwa 3,5 Prozent der Wertschöpfung der Branche erhöhen würden, „wenn der CO2-Preis auf Stahl dank Grenzausgleich und damit verbundenem Wegfall der kostenfreien Zuteilung von Emissionszertifikaten voll durchschlägt.“ Diese Entwicklung würde Vietmeyer zufolge die komplette, rund zweiprozentige Umsatzrendite der Stahlverarbeiter schlucken, „zumal die meist mittelständischen Betriebe die Kosten nicht weitergeben können“.

Wie der WSM mitteilt, wären damit unzählige Jobs in Gefahr. Die zehn am stärksten von hohen Stahlpreisen betroffenen Branchen stellen nach Informationen des Verbands ein Sechstel der deutschen Arbeitsplätze dar. Um einen ähnlichen Negativeffekt darzulegen, weist der WSM auf die vergangenen Stahlzölle in den USA hin: „Sie sicherten laut Schätzungen rund 1.000 Jobs in der Stahlproduktion, vernichteten aber 75.000 in nachgelagerten Branchen.“

Vergleichbare Wettbewerbsbedingungen notwendig

Der Verband bezweifelt indes nicht die Notwendigkeit des Grenzausgleichs. Vietmeyer betont, dass der Ansatz im Prinzip gut sei. „Klimaschutz ist für die europäische Industrie teuer – sie verringert ihre CO2-Emissionen durch Investitionen und bezahlt einen steigenden CO2-Preis. Wenn sie am Standort weiter produzieren soll, braucht sie international vergleichbare Wettbewerbsbedingungen und den Schutz vor günstiger hergestellten Importprodukten“, so der Manager. Gefährlich sei hingegen die einseitige Begrenzung des Ausgleichs auf die pure Erzeugung von Zement, Aluminium und Stahl.

Auch mit Blick auf internationale Märkte sieht der WSM eine Benachteiligung der Stahl- und Metallverarbeiter, da der Grenzausgleich nur für Importe vorgesehen sei. Die stahlverarbeitende Industrie exportiere aber ein Viertel ihrer Produktion in Staaten außerhalb der EU, weitere 25 Prozent entfielen auf Produkte, die wiederum ausgeführt würden. „Sie ist auf den Export angewiesen – ohne Rabattierung der Kosten kann sie auf den Weltmärkten aber nicht mehr konkurrieren“, unterstreicht Vietmeyer.

nr, Beitragsfoto: Bilanol/Shutterstock.com

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