Neuaufstellung Stahl – Voraussetzung für zukunftsfähige Aufstellung

Einigung zum Sanierungstarifvertrag „Neuaufstellung Stahl“ erzielt: thyssenkrupp Steel und IG Metall schaffen Grundvoraussetzung für zukunftsfähige Aufstellung

Einigung zum Sanierungstarifvertrag „Neuaufstellung Stahl“ erzielt: thyssenkrupp Steel und IG Metall schaffen Grundvoraussetzung für zukunftsfähige Aufstellung

thyssenkrupp Steel und die IG Metall haben die Basis für neue Aufstellung von Deutschlands größtem Stahlunternehmen geschaffen. Nach intensiven Verhandlungen wurde in der Nacht von vergangenem Freitag auf Samstag ein gemeinsames Verhandlungsergebnis zu einem Sanierungstarifvertrag „Neuaufstellung Stahl“ erzielt. Die Grundlage dafür sind das im November letzten Jahres vom thyssenkrupp Steel-Vorstand vorgelegte industrielle Konzept und die im Mai zwischen der IG Metall und dem Unternehmen geschlossene Grundsatzvereinbarung.

Zugleich haben sich beide Parteien auf Eckpunkte der für die Sanierung erforderlichen betrieblichen Vereinbarungen verständigt, wie zum Beispiel einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Diese sollen bis Ende September detailliert ausgearbeitet und abgeschlossen werden. Erklärtes Ziel beider Parteien ist und bleibt es, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Die Umsetzung des Vertragswerks steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die IG Metall-Mitglieder bei thyssenkrupp Steel sowie einer noch ausstehenden Vereinbarung über die zukünftige Finanzierung des Unternehmens.

Der Tarifvertrag „Neuaufstellung Stahl“ regelt im Wesentlichen drei Themenfelder, die in Summe eine mittelfristig eigenständige und wirtschaftlich wettbewerbsfähige Aufstellung von thyssenkrupp Steel sicherstellen sollen.

1. Anpassungen im Produktionsnetzwerk und Investitionen

Tarifvertraglich vereinbart wird eine Absenkung der Produktionskapazitäten auf ein zukünftiges Versandzielniveau von 8,7 bis 9 Millionen Tonnen. Darauf basierend plant das Unternehmen, den Hochofen 9 zu Beginn des nächsten Geschäftsjahres stillzulegen. Der Hochofen 8 wird laut Plan aus dem Netzwerk genommen, wenn der Betrieb der im Bau befindlichen Direktreduktionsanlage startet. Zudem vereinbarten die beiden Seiten, die Planungen für ein Elektro-Stahlwerk weiter zu detaillieren.

Am Standort Bochum wird nach Vereinbarung Anfang 2026 die Schließung des Warmbandwerks 3 umgesetzt. Ebenfalls haben die Parteien vereinbart, den Elektrobandstandort an der Castroper Straße bis Ende des Geschäftsjahres 2027/28 vorzeitig zu schließen. Gemeinsames Ziel ist zudem die Vermeidung eines unmittelbaren Schließungsbeschlusses des Werks Eichen am Standort Kreuztal; stattdessen soll kurzfristig ein Konzept zur Optimierung des Standorts Siegerland umgesetzt werden, auf dessen Grundlage ein wirtschaftlicher Betrieb gewährleistet werden soll.

Auf der Investitionsseite wird neben den zum Erhalt des Anlagenparks notwendigen Mitteln sowie dem Bau der Direktreduktionsanlage in die Ertüchtigung einer Stranggießanlage (Divider) investiert. Damit will man die Versorgung des Standortes Hohenlimburg mit den dort benötigten Schmalbrammen sicherstellen. Zudem haben die Verhandlungen eine Vereinbarung über Investitionen für die Modernisierung der Standorte von Electrical Steel erwirkt.

Mit diesen Anpassungen im Produktionsnetzwerk geht ein Abbau von bis zu 1 600 Mitarbeitenden einher, der laut Plan bis Ende des Geschäftsjahres 2028/29 umgesetzt wird.

2. Personalanpassung durch Maßnahmen zur Personaleffizienz.

Zusätzlich zu den Anpassungen im Produktionsnetzwerk hat man weitere Maßnahmen zur Personaleffizienz vereinbart, um thyssenkrupp Steel zukünftig schlanker und effizienter aufzustellen. Diese Maßnahmen sollen bis Ende des Geschäftsjahres 2027/28 umgesetzt werden und betreffen rund 3.700 Mitarbeitende.

3. Personalanpassung durch Ausgliederungen [„Make-or-Buy“] oder Verkauf von Geschäftstätigkeiten

Parallel zu den Anpassungen im Produktionsnetzwerk und dem zusätzlichen Abbau von Arbeitsplätzen im Rahmen von Effizienzmaßnahmen wurde ein Prozess zur Prüfung und Umsetzung von „Make or Buy“-Maßnahmen vereinbart. Hierzu ist geplant, bis zum Ende des Geschäftsjahres 2029/30 bis zu 4 000 Mitarbeitende auszugliedern.

Nicht Bestandteil der Verhandlungen waren die bereits umgesetzten Verkäufe der spanischen Gesellschaft thyssenkrupp Galmed und der indischen Tochtergesellschaft von thyssenkrupp Electrical Steel, mit in Summe ca. 500 Mitarbeitenden. Hinzu kommt der thyssenkrupp Steel zuzurechnende Personalanteil von rund 1.500 Mitarbeitenden aus dem Ausstieg aus der HKM.

Darüber hinaus wurden substanzielle Personalkosteneinsparungen festgelegt, um die Kostenposition von thyssenkrupp Steel auf ein wettbewerbsfähiges Niveau abzusenken. Die Maßnahmen bestehen im Wesentlichen aus:

Streichung der tariflichen Sonderzahlungen zur Beschäftigungssicherung sowie des Urlaubsgeldes und der Reduzierung des sogenannten „Weihnachtsgeldes“;
Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit im tariflichen Bereich von 34 auf 32,5 Stunden bei gleichzeitiger temporärer Aussetzung der Wahlarbeitszeit;
Reduzierung der Arbeitszeit für nicht leitende Außertariflich (AT)-Angestellte von 41 auf 39 Stunden;
Entfall der Gewährung von sechs freien AT-Tagen, mit Rückkaufoption;
Personalanpassungsinstrumenten;
Reduzierung von Jubiläumsgeldern;
Halbierung der Rufbereitschaftspauschalen.

Marie Jaroni, Vertriebs- und Transformationsvorständin bei thyssenkrupp Steel kommentiert das Verhandlungsergebnis so: „Nach intensiven Verhandlungen ist die gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretungen erzielte Einigung auf einen Sanierungstarifvertrag ein wichtiger Meilenstein für die Zukunftsfähigkeit von thyssenkrupp Steel. Wir bauen überschüssige Kapazitäten ab, verbessern die Effizienz und können so ein wettbewerbsfähiges Kostenniveau erzielen. Das ist ein weiterer und dringend notwendiger Schritt in die Zukunft von thyssenkrupp Steel.“

Dirk Schulte, Personalvorstand und Arbeitsdirektor bei thyssenkrupp Steel meint dazu: „Die Einigung auf ein tarifvertragliches Regelwerk schafft Klarheit und Transparenz für unser Unternehmen und unsere Beschäftigten. Die Verhandlungen haben beiden Seiten viel abverlangt und wie bei Kompromissen üblich, mussten beide Seiten Abstriche machen. Auf dieser Basis ist es nun notwendig und möglich, zügig Interessenausgleich und Sozialpläne auszuarbeiten.“

Foto: thyssenkrupp Steel Europe

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